ein poetisch-musikalischer Theaterabend mit Texten von Rūmī & Else Lasker-Schüler
Gedichte der expressionistischen Dichterin Else Lasker-Schüler (1869 – 1945) und Texte des altpersischen Gelehrten und Mystikers Dschalāl ad-Dīn Muhammad Rūmī (1207 – 1273) treten in einen Dialog um das Thema „Liebe“.
Rūmī schreibt in seinen Versen über die unendliche Liebe Gottes und ein Leben in Harmonie und Einklang mit der Welt.
Else Lasker-Schüler betont in ihrer avantgardistischen Lyrik die sehnsuchtsvollen emotionalen Aspekte der Liebe.
Rūmī und Else Lasker-Schüler laden mit ihren Texten ein innezuhalten.
Die (Live)-Musik erweitert den Dialog um eine weitere Dimension und der Raum zwischen den Zeilen und Versen wird fühlbar durch Klang.
Foto: Tanja von Rohden
v.l.n.r.
Ute Henryke Büttner – Stimme, Performance
Jens Schliecker - Keyboards, Komposition
Viola Schnittger - Stimme, Performance
Jens Fischer - Gitarre, Komposition
(video – Kirche St. Nikolai, Kiel
Dschalāl ad-Dīn Muhammad Rūmī (1207-1273) war Sufi-Mystiker und einer der bedeutendsten persisch sprachigen Dichter des Mittelalters.
Er verfasste seine Lehren und Weisheiten in Versform und genoß bereits in jungen Jahren als Gelehrter und Poet ein hohes Ansehen.
Rūmīs Gedichte über Spiritualität und Liebe sind in ihrer metaphorischen Sprache zeitlos und über kulturelle und religiöse Grenzen hinweg bekannt. Sie gewannen in den letzten Jahren an Popularität und wurden zu Bestsellern in den USA.
"Du kommst aus einem Land jenseits des Universums,
glaubst aber, dass Du aus Erde und Asche bist.
Überall meißelst Du dieses Körperbild ein –
als Zeichen, dass Du vergessen hast, woher Du kommst."
(Mevlana Dschelaluddin Rūmī)
Else Lasker-Schüler gilt als herausragende Vertreterin der avantgardistischen Moderne und des Expressionismus in der Literatur.
Ihre Gedichte sind tief emotional, lautmalerisch, bildhaft und in einer von individuell geprägten Farb- und Naturmetaphern durchsetzten Sprache. Sie handeln von romantischer Liebe, Sehnsucht und Schmerz.
Sie wurde 1869 in Elberfeld (heute ein Stadtteil von Wuppertal) geboren und starb 1945 in Jerusalem.
„Hinter meinen Augen stehen Wasser,
die muss ich alle weinen.
Immer möchte ich auffliegen,
mit den Zugvögeln fort.“
(Else Lasker- Schüler)
"Durchwachte Nacht" mit Schauspielerinnen und Musikern im Kieler Kulturforum
Kieler Nachrichten 29.09.2020
Von Thomas Richter
KIEL. Einfach zu beschreiben ist der Abend Durchwachte Nacht mit den Schauspielerinnen Susanne Schneider und Viola Schnittger und den Musikern und Komponisten Jens Schliecker und Jens Fischer wirklich nicht. Soviel vorab: Das Publikum im Kulturforum nahm ihn mit großer Begeisterung auf.
Eigentlich geht es in erster Linie um Liebe. Aber das Spiel läuft auf der Bühne eben über Bande. Die beiden Künstler und Künstlerinnen liefern sich gewissermaßen einen doppelten Dialog. Gedichte der expressionistischen Dichterin Else Lasker-Schüler (1869 - 1945) stehen Texten des altpersischen Gelehrten und Mystikers Rūmī (1207 - 1273) gegenüber. Die Lebensdaten sind hier wichtig, weil die etwa 600 Jahre, die beide voneinander trennen, von der jeweils zeitgemäßen Sozialisierung Zeugnis geben. Aber das ist nicht alles. Hinzu kommen die natürlich gewachsenen kulturellen Unterschiede. Die Musik kommentiert das Ganze auf sehr sensible Weise. Und Schwung hat das Ganze sogar auch noch.
Aber das Thema, ob in Deutschland oder Persien, ob heute, gestern oder vor Jahrhunderten, bleibt nun mal für jeden Erdenbürger aktuell: die Liebe. Und genau das macht den nüchtern inszenierten Abend zwischen Theater und Konzert so interessant. Im Grunde genommen auf den blanken Brettern „spielen" die zwei wohl nicht ohne Grund barfüßigen Schauspielerinnen ihre Gedichte. Sie wenden sich häufig voneinander ab, wenn die jewels andere, was zu sagen hat". Es treffen zwei Menschen aufeinander, die Jahrhunderte voneinander entfernt sind, aber trotzdem auf dem gleichen Boden stehen.
Liebe kennt natürlich jeder – ihre dichterische Ausdrucksform kann aber schon erheblich differieren. Da sei das Programm zitiert: "Während Else Lasker-Schüler in ihrer avantgardistischen Lyrik eher die sehnsuchtsvollen emotionalen Aspekte der Liebe betont, sieht Rūmī das Universum in Harmonie mit der Liebe Gottes und seine Verse handeln von dem Weg, Gott näher zu kommen."
So stellte es sich an diesem Abend auch tatsächlich dar. Die selbst komponierten, unaufgeregten, brillant vorgetragenen und wirkungsvollen Kompositionen mit Keyboards (Schliecker ) und Gitarre (Fischer), die irgendwo und nirgendwo zwischen Eric Clapton und Pink Floyd ihr Zuhause zu finden suchen, unterstützten das Bühnengeschehen aufs Beste. Sie illustrieren den Raum zwischen den Zeilen und Versen. Ein wirklich guter Soundtrack.
Großer Applaus von den - coronabedingt - etwa 30 Zuhörern.